Das Lindt & Sprüngli Farming Program aus Sicht eines Konsumenten

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Von Martin Pömsl

Ghana /


Als ich mich im Februar in einer Mail an den Kundenservice wandte, um die Möglichkeit eines Besuchs einer der Kakaofarmen des Lindt & Sprüngli Farming Programs in Ghana auszuloten, machte ich mir zunächst keine großen Hoffnungen. Doch wider Erwarten erhielt ich kurz darauf eine Einladung zu einem Gespräch mit Vertretern von Ecom, der örtlichen Kakaoeinkaufsfirma Lindts. So kam es, dass ich zwei Monate später mit einigen Freunden in einem Bürogebäude von Ecom saß und wir gemeinsam den Ablauf unseres zweitägigen Besuchs der Kakaoanbauanlagen in der Umgebung des Dorfes Manfo planten.

Unser Ziel war es nicht nur, so viel wie möglich über die Kunst des Kakaoanbaus zu erfahren, sondern uns auch einen Überblick über die allgemeine Situation der Farmer und den Erfolg der von Lindt & Sprüngli ins Leben gerufenen Hilfsprojekte zu verschaffen.

Fünf von uns (mich eingeschlossen) befanden sich gerade im achten Monat unseres einjährigen weltwärts-Freiwilligendienstes für die deutsche Organisation Nima e. V., die Bildungsprojekte für Kinder und Jugendliche in der Nähe der Hauptstadt Accra  fördert. Die anderen Mitglieder unserer Gruppe waren unsere weltwärts-Mentorin sowie ein ghanaischer Mitarbeiter des Vereins.

Keine von uns hatte zuvor etwas mit dem Kakaoanbau zu tun gehabt, aber wir hatten uns so gut es ging im Internet über das Lindt & Sprüngli Farming Program informiert.

Im Folgenden berichte ich von unseren Erlebnissen in Manfo

Kakaoanbau

Obwohl unser Besuch in die Nebensaison fiel, in der nur geringe Mengen Kakao produziert werden, konnten wir dennoch den Ernteprozess beobachten und selbst ausprobieren. Die Kakaoschoten werden mit einem langen Werkzeug namens „go-to-hell“ von den Bäumen geschnitten und mit Macheten der Länge nach aufgespalten. Die Bohnen und das Fruchtfleisch im Inneren werden mit Blättern bedeckt und tagelang in der Sonne liegen gelassen, um die Gärung in Gang zu setzen. Anschließend werden die nun fermentierten Bohnen ins Dorf gebracht. Dort werden sie im sogenannten „Drying Market“ von Hand gereinigt und wiederum für sechs Tage in der Sonne getrocknet, dieses Mal unbedeckt. Die fertigen Bohnen werden gewogen und in genormte Säcke abgefüllt, die die Regierung zur Verfügung stellt. Durch Stempel auf den Säcken und mit Barcodes bedruckte Anhänger wird gewährleistet, dass sich der Inhalt eines jeden Sacks exakt zu seinem Ursprungsort zurückverfolgen lässt. Daraufhin werden die Kakaosäcke in einem Warenhaus gelagert und getestet, bevor sie zu einem der Häfen transportiert und in Containern an Käufer auf der ganzen Welt verschifft werden – im Falle  Lindt & Sprünglis meist zu einem der Fertigungswerke in Europa.

Interventionen

Den Weg der Kakaobohnen vom Baum zum Hafen mit zu erleben war eine interessante Erfahrung, aber es war nicht der einzige Grund für unseren Besuch. Im Auftrag von Lindt & Sprüngli hat die Nachhaltigkeitsabteilung Ecoms zahllose Hilfsprojekte (genannt Interventionen) eingerichtet, die den Farmern bei ihrer Arbeit und im Privatleben Unterstützung anbieten. Es folgt eine kurze Aufstellung aller Interventionen, die wir in unserer begrenzten Zeit in Manfo besuchen konnten.

  1. Die Farmer Business School: Eine Serie von Seminaren, in denen interessierte Farmer mehr über Buchführung und die Kosten-Nutzen-Balance verschiedener Düngemittel lernen können.
  2. Das Village Resource Center: Ein Raum mit Computern, auf denen Farmer Lernvideos über verschieden Erntetechniken ansehen können. Die Videos sind von Farmern gemacht und in verschiedenen lokalen Sprachen erhältlich. Der Raum befindet sich in einer nahen Grundschule und wird für den Computerunterricht auch den Schülern zugänglich gemacht.
  3. Die Setzlingsfarm: Hier werden unter kontrollierten Bedingungen neue Kakaosetzlinge herangezogen, die dann kostenlos an ausgewählte Farmer abgegeben werden.
  4. Das Vorzeigefeld: Auf einem kleinen Stück Land werden alle möglichen Kombinationen von Düngern und Erntetechniken demonstriert. So können die Farmer mit eigenen Augen sehen, welche Methoden für welche Arten von Land am besten geeignet sind.
  5. Der Farm Shop: Düngemittel, Insektizide und Schutzausrüstung sollen hier einmal von den Farmern selbst  an andere Farmer verkauft werden. Bei unserem Besuch wurden die am meisten gewünschten Produkte noch nicht angeboten, aber das Projekt befindet sich noch im Aufbau.
  6. Die Wasserpumpe: In einem Dorf wurde uns eine öffentliche Wasserpumpe gezeigt, die vom Lindt & Sprüngli Farming Program errichtet wurde. In unmittelbarer Nähe befand sich noch eine weitere, von der Regierung errichtete Pumpe. Beide Pumpen sind in ständiger Benutzung und versorgen die Dorfbewohner mit sauberem Trinkwasser.
  7. Der Kochbananenanbau: Als zusätzlichen Lebensunterhalt und als Schattenspender bauen viele Farmer auch Kochbananen auf ihren Kakaofarmen an. Die Setzlinge dafür werden von Experten des Lindt & Sprüngli Farming Programs bereitgestellt, die interessierten Farmern auch die effektivsten Anbautechniken für diese Pflanze zeigen.
  8. Das Sanierungsprogramm: Mit diesem Projekt bietet das Lindt & Sprüngli Farming Program Farmern die Möglichkeit, ihr abgenutztes oder ungenutztes Land von Experten wieder instand setzen zu lassen.
  9. Der Farmertreff: Dieses monatliche Treffen kleiner Gruppen von Farmern mit Vertretern Ecoms ist an sich keine Intervention, aber dennoch eine sehr wichtige Einrichtung. Für uns war es die Gelegenheit, die Farmer selbst über ihre Meinung zum Lindt & Sprüngli Farming Program und die Interventionen zu befragen. Natürlich gab es viele Vorschläge für Verbesserungen, welche von den Vertretern Ecoms auch weitergegeben wurden. Im Großen und Ganzen waren die meisten Farmer aber zufrieden und dankbar für die Bemühungen des Lindt & Sprüngli Farming Programs.

Fazit

Mein Hauptgrund für diesen Besuch war die Frage, ob man Lindt Produkte guten Gewissens verzehren kann. Sogar in Deutschland hört man viel über die schlechten Arbeitsbedingungen vieler Farmer in der Kakaoindustrie und im Angesicht dessen, was ich selbst in Ghana während meines Aufenthalts gesehen habe, waren diese Berichte für mich umso nachvollziehbarer. Auf dem Papier sieht das Lindt & Sprüngli Farming Programm großartig aus, aber vor meinem Besuch war ich mir nicht sicher, ob man den Hochglanzbroschüren aus dem Internet trauen kann – zumal Lindt Schokolade weder von UTZ noch von Fairtrade zertifiziert ist.

Nun kann ich persönlich jedoch anhand dessen, was ich selbst gesehen und von den vielen engagierten Mitarbeitern Ecoms gehört habe, mit so viel Gewissheit wie es einem Laien in Sachen Kakaoanbau nur möglich ist, sagen:

  • Lindt Schokoladenprodukte können mit gutem Gewissen gekauft werden.
  • Der zur der Herstellung verwendete Kakao kommt aus ethisch verantwortungsbewusstem und nachhaltigem Anbau.
  • Die Mitarbeiter von Ecom in Ghana tun ihr Bestes, um die Kakaofarmer auf jede erdenkliche Art und Weise zu unterstützen.

Autor/in

Martin Pömsl / Freiwilliger Helfer des weltwärts Programms (unterstützt durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) in einer Schule in Ghana und der erste Konsument, der das Lindt & Sprüngli Farming Program besucht hat

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